Umgang mit Hass und Hetze

Wenn wir einem Menschen in Barmherzigkeit begegnen, dieser aber wie der zweite Räuber am Kreuz neben Jesus mit Spott, Hohn, Hass und Hetze reagiert, dann ist es entscheidend, selbst in der Barmherzigkeit zu bleiben und sich nicht anstecken zu lassen vom Virus der Sünde. 

Denn wer den Barmherzigen lästert, der will sich über ihn erhöhen und ihn erniedrigen. Aus Sicht der Pharisäer diente schließlich die Kreuzigung des Jesus genau diesem einen Zweck, sich über den zu erhöhen, in dessen Gegenwart sie sich schäbig fühlten wegen dessen Barmherzigkeit, die sie nicht annehmen wollten. 

Sie hetzten lieber gegen Jesus, um ihre Macht aufrecht zu erhalten, die auf der lügnerischen Anmaßung ihrer vergeblichen Nähe zu Gott bestand, die sie gar nicht hatten und der Verachtung gegenüber denen, die in Wahrheit Gott oft viel näher waren als sie selbst. Dieses Phänomen finden wir in den heutigen Etablissements der angeblichen Gottnähe häufig in gleicher Weise verwirklicht. Die hochmütigen vermeintlichen Gottesdiener entpuppen sich bei genauerer Analyse als diejenigen, die vielen Huren und Finanzbeamten hinterherhinken in Bezug auf ihre Nähe zu Gott. Denn sie wollen auf keinen Fall eine Gleichbehandlung der Menschen vor Gott, sondern sie wollen sich selbst in der Gunst Gottes sonnen, während sie anderen die Tür vor der Nase zuschlagen wollen. Dies aber ist unbarmherzig und hochmütig und ein Grund, warum sie selbst Gott nicht finden können. Diese Verachtung gegenüber den Mitmenschen, denen sie die Nähe zu Gott nicht zutrauen, weil sie keine Ahnung von Theologie haben, ist biblisch bezeugt in den Wehrufen des Jesus gegen die Pharisäer. 

Die Verachtung gegen die Huren und Geldeintreiber ist allerdings noch moderat gegenüber dem abgründigen Hass auf alle lebenden Heiligen. Sie mögen Jesus nur tot, so auch alle Heiligen. Denen bauen sie gerne Denkmäler und pflegen sie, denn sie sind nicht mehr zugegen in ihrer Spähre des Erlebens der materiellen Welt. Doch wenn ein echter Heiliger auftaucht, dann bekämpfen sie ihn, als sei es ein Teufel, den es auszutreiben und zu töten gilt. Mit ihrem finstersten Hass und ihrer entsetzlichsten Hetze fallen die meisten Würdenträger daher über die Heiligen her, die vor ihnen stehen. Sie wollen ihren Tod. Dies ist eigentlich unfassbar, doch es ist die Realität, die wir erleben, wenn wir einem Würdenträger entgegenstehen, der sich hochmütig als Stellvertreter Gottes inszeniert hat, um von Menschen geehrt zu werden und auf die Mehrheit herabblicken zu können. 

Wie kommt es immer wieder zu diesem abscheulichen Hass bei diesen Menschen? Warum gehen sie auf die Barmherzigen los, als hinge ihr Leben davon ab?

Die Würdenträger halten etwas für ihr Leben, das in Wahrheit dem Leben entgegen steht. Sie meinen, ihr Leben sei dadurch gesichert, dass sie eine erhabene Würde haben. Denn sie meinen sie tatsächlich, Gott nahe zu sein, den sie als den obersten Würdenträger ansehen, noch über ihnen selbst. Sie verkennen daher den wahren Gott, der mit ihrer Fiktion nichts gemein hat. Was sie anbeten ist eine Götze des Größenwahns und der Verachtung gegen alle. Wenn sie nur möglichst nahe an ihrer Götze sind, so meinen sie, werden sie sich ein Leben verdient haben, während die „kleinen Lichter“ das nicht haben. Diese sind für sie wie überflüssige Handtaschen, die man nicht unbedingt braucht und die schnell lästig werden können, wenn es zu viele davon im Schrank gibt.

Der Wahn der eigenen Ehre macht sie blind für Gott. Doch warum dieser Hass? Warum wollen sie den wahren Gott in Form der „kleinen Lichter“ unbedingt ausradieren? Warum hassen sie diese Geringsten, die Heiligen?

Die Bibel meint, es sei Neid. Doch diese Menschen empfinden Neid nur auf solche Menschen, die in der irdischen Macht höher stehen als sie selbst. Der Bischof mag neidisch sein, wenn ein anderer Papst wird. Das aber wurde Jesus nicht und es stand auch nie zur Debatte. Neid können wir daher als Motiv ausschließen. Was ist es dann?

Tatsächlich ist es ein Exzess der Verachtung. Ihre Verachtung ist so immens, dass sie ihn unbedingt töten wollen. Für sie ist der heilige wirklich das Böse, dass er verachtet und hasst. er meint, er sieht einem boshaften Teufel ins Angesicht. Einem Menschen, der sich einer teuflischen Macht bedient, um sich aufzuspielen. Denn was niemand verleugnen kann, das ist die Kraft, die von einem Heiligen ausgeht. Es ist der Strom der göttlichen Barmherzigkeit, der Liebe und des Lebens, der sich da ergießt und von den Menschen wahrgenommen wird. Dies aber ist gekoppelt an den Verzicht des Strebens nach irdischer Macht und Ehre, die der Kirchenfürst aber für ein Merkmal der Nähe zu Gott und einer besonderen Berufung falsch deutet. Er erkennt die wahren Zeichen Gottes nicht. Er hält Stolz und äußere Großartigkeit für ein Attribut Gottes. 

Die Liebe kennen die Kirchenfürsten nicht. Sie streben nach Anerkennung und nennen es Liebe, wenn man ihnen ein Zeichen der Anerkennung zukommen lässt. Wie falsch kann ein Mensch liegen. Wie sehen das abschreckende Beispiel in jenen Kirchenfürsten, die ein Abbild der Pharisäer sind, die Heilige nur ehren, wenn sie ihnen tot sind, sonst aber verachten. 

Der Hass kommt also daher, dass sie spüren, dass eine Kraft von den Heiligen ausgeht, die sie selbst nicht haben. Wäre diese Kraft von Gott (was sie ist), dann wären die hochmütigen Kirchenfürsten Gaukler und Schauspieler, was sie tatsächlich sind. Dies aber würde bedeuten, dass sie ganz unten sind bei Gott und nicht ganz oben. Denn sie denken ja in Hierarchien. Und weil das auf keinen Fall wahr sein soll, behaupten sie flugs, dass der heilige einen Packt mit dem Teufel geschlossen habe, sie hingegen Gott treu seien. Sie behaupten sie, einen Teufelsdiener zu jagen, wenn sie ihn verbrennen, kreuzigen, öffentlich canceln und – moderner – unter falschen Behauptungen inhaftieren und wegsperren lassen. 

Die Kirchenfürsten des Charakters der Pharisäer benutzen somit ein Bild des Teufels, das dem Bild Gottes entspricht. Was für sie der Teufel ist, ist in Wahrheit Gott. Und was sie als Gott verehren, das ist eine Götze mit dem Gegen-Charakter Gottes, nämlich dem Prahlen in Hochmut und Überheblichkeit gepaart mit der Anschuldigung der Heiligen als Teufelsdiener. 

Wer nun seinen Hochmut nicht überwindet, der wird genau in diese Fallen geraten. Er wird den Götzendiener anhängen und sich von ihnen anstiften lassen, die Heiligen zu hassen, als seien es Teufelsboten und Todesengel. 

Der abgründige Hass der Pharisäer auf Gott beruht also darauf, dass sie Gott als Teufel ansehen, der sie ihrer Ehre berauben will. Und die Wegnahme der Ehre sehen sie als Werk des Teufels an. Tatsächlich aber ist die Aufgabe der hochmütigen Ehre der notwenige Heilsweg, den wir gehen müssen. Wer sich weiterhin danach ausstreckt, eine große Person zu werden, die man bewundern sollte und die ganz viel leistet, was Gott dann lobt und belohnt, der geht mit Volldampf in die Irre, ins Verderben, in die Hölle. Daher ist das, was der Kirchenfürst in Nachfolge der Pharisäer als seinen Triumph ansieht, sein wahrer Sargnagel. Er giert nach dem, was ihn umbringt. Würde man ihn davon befreien, so könnte er selig und das Paradies finden. 

Wenn sie uns also hassen, dann nur deswegen, weil sie in der Verkehrung leben. Die Kraft der Barmherzigkeit erscheint ihnen teuflisch und sie meiden sie allezeit. Die tödliche Gier nach Anerkennung erscheint ihnen göttlich und sie streben selbst danach Tag und Nacht. Was sie wollen, das tötet sie. Wer es ihnen wegnimmt, der ist ihr Freund, doch sie halten ihn für den Teufel. 

Der Verlust der Gier nach Anerkennung ist ein Schritt hin zum Heil. Diesen Verlust sollten wir daher jedem Menschen wünschen, der uns hasst und verfolgt wegen unserer Barmherzigkeit, die von uns ausströmt. Die uns hassen, sie mögen den Verlust ihrer Gier nach Anerkennung erleiden. Wenn sie nur die Ehre verlieren, aber weiter danach gieren, so ist noch nichts gewonnen. Sie würden sich selbst verachten wegen ihrer Ehrlosigkeit und das ist kein Heil. Es bringt daher nichts, ihnen eine Entehrung zu wünschen. Die Entehrung ist ja das, was diese Menschen uns wünschen in ihrer Verirrung. Deswegen sperren sie die Heiligen ein und schleifen sie vor ihre Gerichte. Das ist nicht unser Weg. Wir wollen sie nicht entehren, sondern wünschen ihnen, dass sie die Gier nach Ehre aufgeben um der Barmherzigkeit willen und des ewigen Lebens. 

Der richtige Segen für die, die uns verfolgen, ist daher der, dass ihnen Gott Erlebnisse zukommen lässt, die es ihnen ermöglichen, die Gier nach Ehre zu begraben und zur Barmherzigkeit umzukehren. 

Was wir auch beobachten konnten, das ist die Umkehrung der Taufe, die von Hochmütigen durchgeführt wird aber auch von falschen Demütigen. Dies ist die Taufe mit einem Geist der Armut an Ehre, also einer Selbstanklage als falsche Demut. Dies bedeutet, dass man sich selbst hassen soll und sich selbst erniedrigen soll. Auf diese Weise soll man zugeben, dass man selbst weit von Gott entfernt ist. Bei den Hochmütigen können sich die Kirchenfürsten dann leicht erheben, indem sie sagen, dass sie im Stand der Gnade seien. Und wer gut pariert, der darf von dieser Gnade etwas abhaben. Bei den falsch Demütigen bleibt es aber bei der allgemeinen Annahme der Meinung, dass alle Menschen böse seien mit Ausnahme von Jesus. Im Resultat entsteht eine egalitäre Gesellschaft, die sich darauf geeinigt hat, dass alle Gott ferne sind und alle Menschen frei von Barmherzigkeit sein müssen, weil sie nur heucheln können, aber nicht echt barmherzig sein können. Dies ist eine Illusion. 

So hat man klassisch drei Wege. Die des Jesus. Die des Hochmuts, der hierarchisch verteilt wird und die der kollektiven falschen Demut. Nur der Weg des Jesus ist der Richtige. Dies ist der Weg der Barmherzigkeit. Interessanter Weise sind sich Katholiken und Protestanten oftmals einig darin, dass zumindest der Weg der Barmherzigkeit teuflisch sei. Denn der barmherzige Menschen erweist keine Ehre, sondern Barmherzigkeit und dies stößt vielen Katholiken über auf. Viele Protestanten aber haben ein Problem damit, dass der Barmherzige nicht „zugibt“, dass alle Menschen böse seien und nichts taugen, außer Jesus. Sie halten den Heiligen für hochmütig und damit auch für verirrt. Wegen dem protestantischen Verzicht auf eine vordergründige Ehre mag es allerdings in der Ausprägung der Verfolgung der Heiligen eine deutliche Abschwächung gegenüber den Hochburgen des Kirchenhochmuts geben. Der Heilige wird weniger als Teufel und eher als wahnhaft Geisteskranker angesehen. Er wird wohl im protestantischen Kontext seltener auf einem Scheiterhaufen landen und öfters in einer psychiatrischen Einrichtung, wo man ihn „liebevoll“ kurieren wird. Jesus unter Protestanten wäre wohl eher zwangsweise eingewiesen worden, könnte man meinen. So wäre Jesus in der Neuzeit eventuell die katholische Kirche zuträglicher, wo man ihn vielleicht „nur“ als Satanisten ansehen würde, was aber nicht so leicht geahndet werden könnte, außer mit einem Kirchenausschluss. Doch es haben auch echte Heilige geschafft, die Verfolgung in der katholischen Kirche zu überleben und schließlich posthum zu Helden verklärt zu werden.

In Wahrheit ist Heiligkeit nichts Großes. Es ist der natürliche Zustand, den man als Säugling hat (zumindest einige Säuglinge). Erst wenn der Mensch dann entweder falsche Demut anlegt oder Streben nach Ehre, wird ihm die Heiligkeit genommen. Daher müssen wir wieder werden, wie die Kinder. 

Auf die Taufe der Entehrung ist zu verzichten, weil sie das nicht leisten kann, was man braucht. Wir benötigen weder viel noch wenig Ehre, sondern die Überwindung des Strebens nach Ehre. Ehre muss uns egal sein. Dann haben wir sie überwunden. Dann regen wir uns auch nicht über stolze Kirchenfürsten auf und wollen ihnen nicht die Ehre nehmen, was nichts bringen würde. Auch die falsche Demut, die Protestanten oftmals üben, indem sie sich kollektiv als unheilbare (aber geliebte und gerechtfertigte) Sünder ansehen, kann man nicht kurieren, indem man ihnen Ehre verleiht. Das wäre sinnlos. 

Nein, jeder Mensch möge dazu geführt werden, dass er die Ehre als belanglos erkennt und seine Gier nach viel oder seinen Zwang zu wenig Ehre verliert. Wir wollen es sein lassen, uns auf den Weg zu machen, an der Wiedererlangung einer verlorenen Ehre zu arbeiten, wie man es zuweilen im katholischen Kontext findet. Die Wahrheit liegt in der Barmherzigkeit Gottes, die wir leben wollen. Das ist kein Streben nach Ehre, wenn man den Weg findet. Wir wollen nicht den Fehler machen Katholiken oder Protestanten zu verachten oder zu ehren. Wir wollen sie statt dessen barmherzig lieben. Dass uns aber viele Menschen Vorwürfe machen werden, lässt sich nicht verhindern. Das müssen wir wirklich hinnehmen.

Der richtige Umgang mit Hass und Hetze ist folglich dann realisierbar, wenn uns die Ehre egal ist, wenn sie irrelevant für uns ist und keinerlei Bedeutung in unserem Wertesystem hat. Denn dann können uns weder Ehrungen noch Entehrungen aus der Bahn werfen. Weder sind wir panisch daran interessiert, möglichst jeder Ehrung aus dem Weg zu gehen, so als könne sie uns töten, noch sind wir gierig darauf aus, in der Ehre zu wachsen. 

Ferner können wir diejenigen besser lieben, die uns entehren wollen, wenn wir ihre Werk für grundsätzlich bedeutungslos einordnen können. Dann sind wir nicht „getroffen“ oder „verletzt“ oder „gedemütigt“, wenn sie uns entwürdigen wollen. Wir haben ja keine Beziehung mehr zur Ehre, da sie uns egal ist. Dies macht uns frei vom System des Handels mit Würde und Hierarchie. Das alles braucht uns nicht mehr zu kümmern. Es kann uns egal sein, da es für uns keine Bedeutung hat. Wir haben keinen Selbstwert, der an eine Ehre gekoppelt wäre.

Haben wir also keine Ehre, auch nicht bei Gott? Wir haben weder Ehre noch haben wir keine Ehre. Wir sind davon unbehelligt. Es kann uns weder locken noch aufhalten. Was uns interessiert ist Gott und Gott ist Barmherzigkeit. Wenn wir sie tun, so ist Gott mit uns. Das ist keine Ehre, sondern eine Freude und ein Frieden. Es ist ein Geschenk und keine Belohnung für irgendetwas. Daher ist es auch für alle und wir können es niemanden vorenthalten, ohne nicht aus der Barmherzigkeit zu fallen. Denn Jesus hat die Barmherzigkeit niemandem vorenthalten, sondern es haben nicht alle sein Barmherzigkeit angenommen. Beispielsweise wollten die Verwandten des Jesus auf keinen Fall seine Barmherzigkeit akzeptieren, weil sie meinten, dies würde seine Ehre erhöhen und sie müssten ihn am Ende noch anbeten. Diese Blöße wollten sie sich nicht geben, da Jesus für sie kein Ansehen und keine besondere Ehre besaß. Er war ein Mensch der Unterschicht der Ehre in ihren Augen. Und so einer, gelinde gesagt, sie doch nicht würdig, ein Heiliger zu sein, nicht wahr? Irrtum. Jeder ist würdig und jeder ist berufen. Aber nicht jeder will es. Denn viele sind im Wertesystem der Würde gefangen. Sie begreifen die Barmherzigkeit nicht, weil sie nichtsfit Würde zu tun hat. Weder muss man würdig sein, um sie zu empfangen, noch muss man würdig sein, um sie zu geben. Das kann nun eigentlich jeder. Doch man kann sich selbst im Wege stehen, wenn man lieber Ehre will oder sie anderen nehmen möchte. Dann will man nicht „geheilt“ werden von einem anderen Menschen, damit dieser ja keine Würde bekommt, was ja schrecklich wäre, nicht wahr? Irrtum. Vergesst die Ehre und kümmert euch nie wieder darum. Lasst das die Sorge der Verirrten sein, aber nicht eure Sorge. Helft lieber anderen, den Irrtum zu überwinden, wenn sie euch hassen, weil es ihnen um die Ehre geht. 

Thomas Ihli
Thomas Ihli

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