Handle danach und du wirst leben!

27 Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst.

28 Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet.

Handle danach und du wirst leben!

Lukas 10

Nachdem Jesus den Schriftgelehrten aufforderte, nach dem zu leben, das er zitieren konnte, wollte dieser sich rechtfertigen und stellte die Frage, wer denn der Nächste sei. Offensichtlich wollte er damit verdeutlichen, dass es mit der Nächstenliebe Einschränkungen gebe, die unklar seien. 

Doch Jesus beantwortete seine Frage mit einem Gleichnis, das einen unerwarteten Schluss nimmt. Denn er erklärte nicht, wer dieser Nächste ist, dem man helfen solle, sondern er erklärte, wie man selbst dieser Nächste ist, der hilft. Jesus dreht die Perspektive um, die beim Schriftgelehrten verkehrt ist und somit in der Sünde liegt. 

Diesen Perspektivwechsel wollen wir beleuchten. Für Jesus geht es nicht darum, wie wir herausfinden können, ob der Andere wohl so ein toller Nächste ist, dem man helfen soll, weil der so würdig ist, die Hilfe zu empfangen. Nein, bei Jesus geht es darum, wie man nach dem Gebot leben kann und zwar selbst. Dabei ist es gänzlich unerheblich, ob der Gegenüber dies auch tut oder nicht. Wir sind dann der Nächste, der die Nächstenliebe lebt, wenn wir darauf achten, dass wir es tun und es unterlassen zu beurteilen, ob es andere tun. 

Denn wer sich wie jener Mann, der sich rechtfertigen wollte, Gedanken über die Würdigkeit der Anderen macht, der steckt im Gericht fest und ist daher unfähig geworden, selbst Nächstenliebe zu üben. Und weil er das nicht tut, befindet er sich im Tod und nicht im Leben. Über ihm ist der Fluch des Todes verhängt, weil er das Gericht führt gegen seine Mitmenschen. 

Daraus können wir für uns selbst lernen, dass es uns tötet, wenn wir über andere Menschen ein Gericht anzetteln. Denn Jesus hilft ja diesem Menschen, der das Gericht anzettelt, indem er ihm die Liebe gewährt, ihn in die Wahrheit einzuführen, obwohl dieser Widerspruch leistet. Da Jesus aber nicht prüft, ob das Gegenüber würdig ist, sondern statt dessen einfach Hilfe leistet, wird er zu demjenigen, von dem wir Nächstenliebe lernen können.

Bei uns selbst sollen wir suchen. Sind wir denn in der Liebe? Lieben wir Gott mit aller Kraft? Übertragen wir diese Liebe auf die Menschen, denen wir begegnen und an die wir denken? Oder fallen wir aus der Liebe, indem wir ein Gericht eröffnen, ob diese wohl richtig lieben?

Wer also liebt, der richtet nicht darüber, ob der andere liebt, sondern liebt einfach, weil er das Gebot des Herrn halten will und sich dazu entschlossen hat, Gott zu folgen. Da stellt sich nicht mehr die Frage, ob es die anderen Menschen verdient haben. 

Unsere Liebe erkaltet sofort, wenn wir uns darauf fokussieren, was der andere wohl alles getan hat, damit er jetzt verworfen ist und kein Nächster mehr ist. Denn für uns sollen sogar die Feinde der Liebe würdig sein. Wir wollen auch ihnen die Liebe gewähren, weil es an uns liebt sie zu lieben und nicht an ihnen liegt, uns zu lieben, damit wir sie dann auch lieben. 

Jesus zerschlägt die Idee, dass man prüfen müsse, wer unser Nächster ist und ersetzt sie durch die Wahrheit, dass wir dafür verantwortlich sind, der Nächste zu sein unseren Mitmenschen gegenüber.

Ferner sagte Jesus, dass die Gebote der Gottesliebe und das Gebot der Nächsten- und Selbstliebe identisch sind.

Das lässt sich eigentlich ganz einfach verstehen, doch die Sünde hindert den Menschen dies einsehen zu wollen. Die Sünde ist nämlich gegen die Liebe gerichtet und sucht nach eine Spaltung und Trennung von Gott und von anderen Menschen, sogar von seiner eigenen Seele. Die Liebe aber sucht nach der Einheit mit Gott, mit dem Nächsten und mit sich selbst in seiner ewigen Seele.

Denn einieder Mensch wird immerzu, auch hier, auch jetzt, von Gott heraus gestülpt und hervorgebracht. Wir sind nicht tatsächlich einmal geboren und dann ist Gott fertig mit uns, sondern Gott bringt uns in jedem Moment hervor als Mensch. Dies beschriebt Jesus, der sich dessen bewusst ist. Er sagt, dass er vom Vater gesendet wird und von ihm her kommt und dass man den Vater sieht, wenn man ihn sieht. Dies aber trifft auch auf jene Menschen zu, die sich dessen nicht bewusst sind und es verbergen, ja bekämpfen und leugnen durch ihre Lügen, an die sie glauben.

Denn ich gehe hier und jetzt aus Gott hervor, bin aber auch Eins mit Gott. Dies spüre ich in der Liebe. Ich verlasse Gott nicht, sondern ich bleibe in ihm, während ich lebe. So aber ist es für mich erkennbar, dass dies auch bei dir der Fall ist und weil das so ist, helfe ich dir, wie ich auch mir helfe. Also helfe ich Gott, indem ich dir helfe aber ich helfe sogar mir, weil ich auch zu dir gehöre. Dies alles wird klar, wenn man wirklich liebt, wie Jesus es sagt, analog zur Weisung in der Schrift.

Wenn wir in dieser Liebe bleiben, dann verfremden wir Gott nicht, sondern es wird offensichtlich, dass Gott da ist. 

Wenn wir aber ein Gericht eröffnen, dann sind wir nicht mehr in der Liebe und wir leugnen die Einheit mit Gott und denken uns andere Sachen aus. Dann spielen wir etwas, sind maskierte Schauspieler und verfremden uns. Aber dies bedeutet nicht, dass wir tatsächlich etwas anderes geworden sind. Wir sind nur der Lebensweise und dem Denken nach verfremdet worden durch die Sünde des Richtens. Der Liebende aber lässt sich nicht täuschen und erkennt das, was der Lügende leugnet. Denn er liebt auch denjenigen, der sich gerade als Richter gebärdet und sich damit in das Bild Satans verwandelt. 

Doch auch wenn wir uns dem Verhalten nach satanisch aufführen, so sind wir unter der Lüge doch noch der, der wir sind. Dieses wahre Selbst aber, die Seele ist dann unterdrückt und gefesselt. Das wahre Selbst ist sozusagen an einen Baum gebunden und zum Schweigen gebracht, wenn wir in der Sünde leben. Und weil unser wahres Selbst außerhalb der Liebe nicht mehr ausgelebt werden kann, sagt Jesus, dass man tot ist. Man ist ein Toter, wenn man Sünder wird. Denn man hat seine wahre Identität, die man nicht von Gott trennen kann, gefesselt. 

Wer also tatsächlich gestorben ist, damit wir Sünder sein können dem verhalten nach, das ist unser wahres Selbst. Es ist aber nicht endgültig tot, sondern es ist an den Baum geschlagen und gekreuzigt worden durch unsere Entscheidung gegen die Liebe und für das Gericht. 

Das aber kann Jesus nicht aufhalten, in der Liebe zu bleiben. Und weil Jesus liebt, ist nicht seine Seele gekreuzigt, wie es sich die Sünder gerne einbilden würden, sondern es ist die Seele derer, die nicht lieben. Wer nicht liebt, der ist also seelisch tot.

Daher sagt Jesus zu demjenigen, der die Liebe lebt:

Handle danach und du wirst leben!

Liebe ist demzufolge aber nicht nur eine schöne Emotion, sondern der Verzicht auf das Gericht und die Erkenntnis der Einheit des Lebens, das Gott ist. Liebe ist der Verzicht auf die Sünde. 

So können wir uns von dem trügerischen falschen Evangelium der Sünder lösen, das sie sich zur Ermunterung in der Sünde erzählen. Sie meinen, dass das Gericht über Jesus ihr Heil hervorgerufen habe. Denn sie haben ja mit Jesus auch ihre eigene Seele getötet und zwar ihrem Erleben nach. Tatsächlich kann niemand Jesus töten, aber sie meinen, er sei tot durch das Gericht. Dieses Gericht, von dem Gott aber sagt, dass man es nicht tun soll, das sehen sie an als das Gericht Gottes, das sie eben „auch“ akzeptieren. Tatsächlich fesseln sie ihre Seele und meinen, sie hätten den Satan gefesselt. Sie seien jetzt errettet, wo doch Jesus bestraft worden sei für ihre Sünde. 

Sie sind also nicht in der Liebe, sondern im Gericht gegen die Seelen der Menschen und gegen Gott. Dieses Gericht aber ist entfaltet keine absolute Wirkung und kann daher nichts Absolutes bewirken. Gott lebt weiter, Jesus lebt weiter und auch diejenigen, die in der Liebe sind leben weiter. Den Geschmack des Todes schmeckt allein dessen Seele, der sich dem Gericht verschrieben hat. Daher wollen wir dies selbst nicht tun und auch diejenigen lieben, die es tun.

Warum fühlen sich die Sünder nun aber befreit von dem Glauben an ihr Evangelium für die Sünder von den Sündern? Sie haben ihre Seele gefesselt und zum Schweigen gebracht. Daher hören sie nicht mehr, dass Gott durch die Seele spricht und zur Umkehr ruft, nämlich zur Liebe. Das finden sie erlösend. Denn nun können sie der Illusion ungestört von der Wahrheit ihrer eigenen Seele dienen und sich gänzlich darauf stürzen, das Gericht zu vervollständigen, indem sie es zu ihrer Mission machen, anderen Menschen den gleichen Tod zu empfehlen, den sie selbst schon für sich selbst bewerkstelligt haben. Ihre Mission ist die des Tötens. Diese Mission aber bezeichnen sie selbst als die Mission der Liebe und des Evangelisierens. Alle abzutöten, das ihnen der Kampf gegen Satan. Denn wo noch eine Seele lebt, dort besteht die „Gefahr“, dass man selbst erkennt, dass man auf dem Holzweg ist. Und das Gefühl dieser Demütigung wollen sie nicht erleben. Daher versteifen sie sich auf das Sünder-Evangelium, das die Seele fesselt.

Jesus lebt indes in Liebe und lehrt allen Menschen was das bedeutet, die es hören wollen. Das wahre Evangelium weist darauf hin, dass wir so lieben sollen, wie es Jesus sagt, um unsere Seele aus dem Tod zu erlösen. Denn dann werden wir leben. Wir leben nicht, wenn wir Jesus töten, sondern wenn wir ihn nicht töten wollen (was sowieso misslingt) und ihn lieben. 

Mein Leben hängt also nicht davon ab, dass du mich liebst. Mein Leben hängt davon ab, dass ich liebe, auch dich. Wenn du mich nicht liebst, dann tötet mich das nicht, es tötet deine Seele. Wenn du mich kreuzigst, dann ist meine Seele deswegen nicht gekreuzigt, sondern deine Seele wird durch dein Werk gekreuzigt. Ich aber würde ebenso untergehen, wenn ich dich deswegen anklagen würde und aufhören würde, Mitleid mit deiner Seele zu haben, die wegen deiner Sünde im Tod ist. Denn ich liebe dich. Und ich will, dass du auferstehst. Das aber geschieht nur, wenn du in die Liebe eingehst und dein Gericht beendest.

 

Thomas Ihli
Thomas Ihli

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