Ausstieg aus der Täter-Opfer Dynamik

Wenn Menschen im Reich des Egos leben, sich also um die Bilder ihres Selbst mehr sorgen, als um ihre Seele, so befinden sie sich im Zustand der biblischen Sünde. 

In dieser geistlichen Spähre geht es um das Spiel von Gewalt und Schuld. Wer darin etwas im täglichen Leben zu sagen haben möchte, also Befugnis für Entscheidungen ergreift, der macht die anderen Menschen zu Untertanen und drangsaliert sie mit seinen Befehlen. Hierbei nimmt er sich Privilegien für sich heraus, die er den Unterlegenen vorenthält. Im Gegenzug sammeln die Opfer dieser Täter Munition gegen die Täter. Sie klagen die Täter erst heimlich und schließlich öffentlich an für das ungerechte Werk, das diese vollführt haben. Dann werden die Rollen getauscht und die ehemaligen Opfer werden die neuen Täter, während die ehemaligen Täter nun Opfer werden.

Gesellschaftlich lässt sich dies sehr schön an den Geschlechterrollen ablesen. Während früher die Männer als Täter gegen die Frauen auftraten und diese wie Untertanen behandelten, haben die Frauen diese Zeit genutzt, um einen großen Munitionsvorrat gegen die Männer anzulegen. Nun übernehmen die Frauen die Rolle der Führer, die sich zunehmend über die Männer stellen und abfällig auf diese speien. Die Männer wiederum nehmen nun gerne die Rolle der Opfer an, um sich unter den Schikanen der Frauen klein zu machen und Munition zu sammeln für Anklagen gegen die Frauen, die dann präsentiert werden, wenn sie das Gefühl haben, es sei Zeit, den Spieß erneut umzudrehen.

Es stellt sich den Mitspielern dieses Spiels der Sünde aber immer dar, dass ihre gerade ausgelebte Rolle nicht den Durchbruch zum Heil bringt, den sie sich davon versprochen haben. Keine dieser Rollen taugt tatsächlich dazu, die Seele glücklich zu machen. Wenn man nun selbst beide Rollen erprobt hat, so wird man zu dem Schluss kommen, dass unser Heil nicht innerhalb dieser Täter-Opfer Dynamik liegen kann. Biblisch wird diese Dynamik als die Erkenntnis vom Guten und Bösen eingeführt. Hierbei geht es darum, dass sich die einen Menschen als die guten Opfer installieren und die andern als die huldvollen Herrscher, die dann zur Strafe von den Opfern verklagt werden, als die Bösewichte des Spiels. Das ist das System der Sünde, in das sich die Menschheit begeben hat. Es ist ein Spiel ohne Gewinner. Jeder Mensch darin wird verlieren.

Der Gewinn des Spiels wird überraschend dann geerntet, wenn man ganz aussteigt aus diesem Spiel, indem man sowohl auf die Rolle des Königs als auch auf die des Anklägers verzichtet, so wie es der wahre Jesus gezeigt hat, der sich nicht als Opfer installierte, sondern als einer, der auferstanden ist außerhalb der geistlichen Sphäre der Sünde, ohne Herrscher oder Rächer zu werden. Denn dann gilt “Es ist vollbracht!” und “Ich habe die Welt überwunden!”. Dann sind wir weder an Anklage noch an Herrschaft interessiert, sondern wollen lieber ganz der Liebe leben. Das ist der verheißene Frieden, von dem wir reden und der die Grundlage dessen ist, was wir euch anbieten.

Bevor nun die Frauen aus dem Spiel aussteigen, werden sie noch lernen müssen, dass es kein Vergnügen ist, der Herrscher zu sein, der später angeklagt wird. Ebenso werden die Männer lernen müssen, dass es kein Vergnügen ist, sich erst beherrschen zu lassen, um dann als Ankläger einen großen Auftritt im Gerichtsprozess hinzulegen. Wenn jeder Begriff hat, dass das Spiel keinen Spaß macht, wird das Interesse daran ermatten und die Menschen werden es sein lassen wollen, weil es ein schlechtes Spiel war, Sünde eben.

Dieser ganze Blödsinn, wer nun ein großer Herrscher und wer ein großer Ankläger werden dürfe, ist ein Spiel des Egos, des falschen Selbst. es entspricht nicht der ursprünglichen Natur der Seele und des Heiligen Geistes, dem die Seele wichtiger ist, als derlei Spielerei. 

Wir erkennen, dass sowohl der Herrscher-Messias als auch der Opfer-Messias als Set anzusehen ist, das die falschen Messiasse darstellt, denen die Sünder nachfolgen. Die einen wollen das Super-Opfer werden, die anderen der Super-König. Beide Rollen sind für den Müll vorgesehen und dürfen getrost abgelegt werden. 

In Wahrheit sind wir weder zum Herrscher noch zum Opfer bestellt. Daher ist mein Jesus weder gewaltiger Herrscher noch ein armes Opfer. Diese Rollen interessieren mich mittlerweile  in keiner Weise und ich finde sie völlig uninteressant. Beides habe ich probiert und es war beides eine Verirrung. Der wahre Jesus ist somit weder der Gewaltherrscher noch das anklagende Opfer. Weder Kläger noch Täter. Jesus ist kein Opfer. Jesus ist kein Täter.

So will auch ich keine dieser Rollen anziehen. Dass andere Menschen eine oder beide Rollen in mir sehen und mir das umhängen wollen wie einen Mühlstein, das ist deren Sache. Ich aber ziehe mir dies Sünde nicht mehr an. Weder in der Herrscher-Rolle noch in der Opfer-Rolle. Weder bin ich der Herrscher über andere Menschen, noch bin klagendes Opfer anderer Menschen. Nichts davon ist reizvoll. Beides ist mir bieder, altbacken und sauer wie Essig.

Nein, ich bin reif für die Erlösung aus der Sünde, weil ich keine der beiden Rollen in der Sünde erstrebenswert finde. Ich finde es viel schöner einfach nur zu lieben und ein Leben in Barmherzigkeit zu führen.

Hierbei ziehe ich mir das Bild eines anbetungswürdigen Heiligen nicht heran. Dies aber wird oft verwendet, um den vermeintlich mangelnden Respekt gegenüber den Heiligen zu beklagen. Dies ist die Masche von Menschen im Opfer-Ego. Sie tragen die Heiligen vor sich her als Anklage gegen die Mächtigen. Man sei ihnen doch etwas schuldig geblieben und habe sie nicht gut behandelt, so klagen sie. Man habe es an Liebe und Barmherzigkeit mangeln lassen. So werden die Heiligen und Jesus als Zeugen der Anklage aufgerufen, was diese aber niemals annehmen würden.

Denn Jesus verstehen und ihm folgen bedeutet, auf die Rolle des Herrschers ebenso zu verzichten, wie auf die Rolle des anklagenden Opfers, dessen “Blut um Vergeltung schreit”. 

Als Nachfolger des Jesus bin ich auf dem Weg des Heils. Ich bin weder in der Ego-Rolle des anbetungswürdigen Herrschers, noch in der Rolle des anbetungswürdigen Opfers. Weder beherrsche ich, noch klage ich. Ich liebe einfach nur. Warum sollte ich dann klagen? Warum sollte ich dann herrschen?

Die Idee der falschen christlichen Religion ist die des Wechsels aus der Rolle des Herrschers in die die Rolle des Opfers. Dann schaut man Jesus an, als sei er ein Opfer. Flugs klagt man die Täter an, die ihn doch so schlimm leiden ließen, den armem Menschen, das Opferlamm. So solidarisiert man sich mit der Schablone des Opfer-Egos und beginnt seinen perfiden Plan, sich als Opfer zu geben, während man heimlich Munition sammelt gegen diejenigen, die umkehren sollen von ihrem bösen Werk des Herrschertums. 

Tatsächlich ist das Opfer der Co-Abhängige des Täters. Das Opfer sucht die Gewalt der Anklage für erlittenes Unrecht, während der Täter die Gewalt darin sucht, Unrecht begehen zu können. Es ist ein Gespann, dass die Rollen wechseln kann, damit jeder auch den üblen Geschmack der anderen Seite kosten darf. 

So aber wollen wir nicht mehr leben. Wir bieten uns nicht als Opfer an, weil wir nicht vorhaben, Anklage zu erheben. Und wir bieten uns nicht als Herrscher an, weil wir nicht vorhaben, Gewalt auszuüben. Wir sind einfach nur Menschen der Liebe und des Friedens. 

Das Bild des Opfer-Jesus zerschlagen wir für uns. Wer will, wird es sich als Schablone greifen. Wir tun es nicht mehr. Unsere geistliche Sphäre ist nicht die der Sünde, sondern die der Liebe. Wir klagen die Sünder nicht an. Sie werden ihr Spiel solange durchziehen, wie es ihnen interessant erscheint. Aber sie sollen sich nicht einbilden, dass wir darin eine Rolle spielen wollen. Weder stehen wir für sie als Anführer zur Verfügung, noch als Opfer. Das ist deren Spielchen, nicht das unsere. Wir waren einst auch Spieler im Täter-Opfer Theater. Aber dieses Schauspiel ist nichts mehr für uns, weil wir die Liebe interessanter finden. Das Spiel vom Guten und Bösen ist für uns ausgespielt. Wir setzen auf die Liebe und den Frieden. Das Ego des Opfers und des Täters haben wir uns nicht mehr angezogen. 

Wir sind nicht das, was die Sünder über uns sagen. Jesus ist nicht der Herrscher, den sie suchten und er ist auch nicht das anklagende Opfer, das sie suchten. Er ist einfach nur Liebe. Raus aus diesem Spiel. So auch ich. Amen

Thomas Ihli
Thomas Ihli

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