Liebe und Angst im Christentum

Jesus sagt seinen Zuhörern, dass sie sich nicht ängstigen sollen, sondern Gott vertrauen sollen in allen Dingen. Er findet bei den Menschen einen Zustand großer Sorge und Angst vor und möchte, dass sie diesen Zustand dahingehend verlassen, zu einem großen Vertrauen zu Gott und seiner Liebe zu finden. 

Gleichzeitig beschreibt Jesus die grauenvolle Zukunft derer, die seinen Weisung ausschlagen und statt dessen weiterhin in Angst leben. Die Beschreibung einer grauenhaften Option könnte allerdings dazu geeignet sein, Menschen in Angst zu versetzen, so dass sie dann aus Angst alles tun, was man von ihnen verlangt. 

Offensichtlich kann man nicht aus Angst nicht mehr ängstlich sein. Man kann nur dann nicht mehr ängstlich sein, wenn man seine Angst zugunsten des Vertrauens auf Gottes Liebe an den Nagel gehängt hat. Warum erzählt Jesus denn überhaupt von den Schrecken, die all jene erwarten, die sich nicht abwenden von der Finsternis der Angst? Feuert er nicht ihre Angst an, auch wenn er sagt, wie gut das wäre, keine Angst zu haben?

Wenn ein Mensch Angst vor Prüfungen hat, dann wird man ihm nicht helfen können, wenn man ihn damit aufzieht, wie schrecklich seine Prüfung scheitern wird, wenn er nicht umkehrt von seiner Prüfungsangst. Dies wird die Angst durch die Decke gehen lassen. Es ist nicht der richtige Weg, einem Ängstlichen zu helfen. 

Der richtige Weg in Bezug auf die Prüfungsangst besteht darin, die Angst zu nehmen. Dies gelingt, indem der Mensch sich bewusst macht, dass er sowohl im Falle eines guten als auch im Falle eines schlechten Abschneidens in seiner Prüfung vollkommen in Ordnung, akzeptabel und geliebt ist. Wenn er begreift, dass es bei der Prüfung nicht um die Frage geht, ob er in Ordnung sei, so wird seine Angst schwinden. Denn Angst hat damit zu tun, dass man sich einer Prüfung ausgesetzt sieht, die letztlich über den Wert des Menschen entscheiden wird. Dies macht entsetzliche Angst. 

So ist es auch mit der Angst vor der Verdammung. Denn diese Angst ist genau wie die Prüfungsangst darauf bezogen, dass sich der Mensch in seinem Leben wie in einer Prüfung vorkommt, die er zu bestehen hat. Wenn er sich einbildet, dass seine Wert vor Gott davon abhänge, wie er sein Leben meistert und wieviel gute oder böse Werke er tun wird, oder welchen Glauben er hatte, dann wird seine Angst eskalieren. Wenn er aber begreift, dass Gott ein solches Gericht gar nicht führt, sondern den Menschen bedingungslos liebt, dann kann er seine Angst fallen lassen. 

Offensichtlich ist die Lehre von der Vergebung aller Sünden genau das, was wir hier verständlich machen wollen: Gott vergibt alle Sünden und das sollte sich der Mensch klar machen. Sein Wert hängt gar nicht davon ab, ob er viele oder wenige Fehler macht. Er kann immer zu Gott kommen und Gott wird ihn retten. Er kann ganz ohne Angst zu Gott kommen, denn Gott wird ihn nicht bestrafen, sondern ihn aufnehmen, wie den verlorenen Sohn in der Geschichte vom verlorenen Sohn.

Wenn man aber nicht glaubt, dass man bei Gott Vergebung findet, dann wird man an seiner Angst vor Gott festhalten. In diesem Fall wird man nicht kommen und sich statt dessen ins Unglück bzw. Verderben stützen. Das ist dann die Konsequenz des Festhaltens an der Angst und die fehlende Bereitschaft, sich auf die Wahrheit der Vergebung Gottes einzulassen. 

Wer also in der Angst bleibt, für den ergibt sich am Ende eine Lage, die seine Angst zu bestätigen scheint. Weil er nicht glaubt, dass Gott ihm vergeben hat, wird er auch die Vergebung in seinem Leben nicht finden, sondern statt dessen in der Angst weilen. Das Glauben der Vergebung macht die Vergebung gegenwärtig für den Menschen und lässt die Angst verschwinden. Wenn ich also glaube, dass hier und jetzt Gott schon da ist und mir bereits vergeben hat, so bin ich zur Vergebung gekommen allein durch Glauben. Man geht somit zu Gott, indem man glaubt, dass er einem bereits vergeben hat. Gott ist ja schon da und man muss nicht zu einem speziellen Haus, Berg oder Altar kommen.

Die Errettung aus der Angst gelingt somit, wenn man glaubt, dass man bei Gott gar nicht in Frage gestellt wird, sondern Gott bereits jeden Menschen liebt. Wenn man das glaubt, dann glaubt man auch, dass Gott jeden Mitmenschen liebt und man ihm nichts vorwerfen kann. Wenn man ihm aber nichts vorwerfen kann, dann gibt es auch keinen Grund ihn schlecht zu behandeln und man kann ihn hier und jetzt lieben. Wer glaubt, der liebt auch. 

Die wahre Lehre des Jesus muss daher so gewesen sein, dass er seinen Jüngern erklärt hat, dass Gott sie liebt, ihr Wert nicht in Frage steht, dass sie das glauben sollen, dass ihre Sünden vergeben sind und dass sie durch den Glauben errettet sind und dass sie wegen dem Glauben auch lieben. 

Die Idee, dass Jesus gelehrt habe, dass man sich ganz tüchtig anstrengen müsse, um vielleicht eine gute Prüfung bei Gott zu bekommen, ist absurd. Denn er hat die Vergebung gelehrt und praktiziert. Man wird also nicht errettet, weil man so lieb war, sondern wenn man glaubt, dass Gott alle Menschen liebt und ihnen ihre Sünden vergeben hat, dann wird man in die Liebe eingehen und auch so handeln, weil man glaubt. 

Wer aber Blasphemie gegen den Heiligen Geist betreibt, indem er sagt, dass Gott jeden Sündern strafen werde und nur die Guten in den Himmel kommen, der wird sich und andere in der Angst halten, Gott nicht sehen und Verderben erleben, weil er nicht glaubt. Dies hat Jesus auch gesagt. Denn er sagte, dass jede Sünde vergeben wird, nur die Blasphemie gegen diese Wahrheit ist der Grund, warum jemand die Vergebung nicht hat, sondern in Angst und Schrecken lebt.

Gott hat allen Menschen vergeben und liebt jeden Menschen. Das ist die Wahrheit, die der Heilige Geist verkündet. Die Blasphemie gegen den Heiligen Geist ist die Leugnung der Vergebung aller Sünden. Wer diese aber leugnet, der lebt so und erlebt alles so, als gebe es tatsächlich keine Vergebung aller Sünden. Man muss also schon daran glauben, damit es präsent wird im Leben. Wenn es aber präsent geworden ist, dann liebt der Mensch, wie jene Dame, die Jesus die Füße salbte und ihm mit ihren Haaren die Füße abwischte. Dieser Dame wollen wir gedenken, denn sie liebte viel, weil sie die Vergebung aller Sünden fest geglaubt hat.  Jesus sagte: “Deine Sünden sind vergeben!” Das ist die Wahrheit und der Inhalt des Evangeliums. Gott hat euch vergeben. Wenn ihr es finden und erleben wollt, dann glaubt es in eurem Herzen. 

Dieses Evangelium kam bei den Pharisäern nicht gut an, denn deren Geschäftsmodell basierte auf der Behauptung, dass man nur dann annehmbar sein kann, wenn man eine gute Performance im irdischen Leben abgeliefert hat. Die Pharisäer wollten wegen ihrer Performance geehrt werden und haben das Evangelium nicht geglaubt. Sie töteten statt dessen den Verkünder des Evangeliums. Andere sagten dann, dass die Ermordung des Verkünders des Evangeliums das Evangelium sei, was aus Wahnsinn geboren ist. Denn wenn man jemanden töten müsste, um Vergebung zu bekommen, dann wäre das Evangelium ja gar nicht wahr gewesen, als es Jesus verkündet hat. Dann hätte er die Dame mit dem Öl und den Haaren ja belogen, als er sagte: “Deine Sünden sind vergeben!”

Nein, das Evangelium ist eindeutig so, dass es uns sagt, dass wir uns keine Angst machen sollen, weil Gott unsere Sünden schon vergeben hat. Wenn wir es glauben, dann können wir uns freuen und wir können lieben ohne Angst. 

Daher glaubt das Evangelium: “Eure Sünden sind vergeben, es geht nicht darum, ob ihr wertvoll seid, sondern Gott liebt euch bereits.” Dies hat nichts damit zutun, dass die Pharisäer es nicht geglaubt haben. Es hat etwas damit zu tun, dass Jesus es auch dann noch geglaubt hat, als man ihm nicht geglaubt hat und er ist auferstanden zum Zeichen, dass das Evangelium wahr ist. Denn die Wahrheit über die Vergebung aller Sünden macht uns frei. 

Wo man nun das Evangelium nicht glaubt, dort herrscht noch immer Angst und die Liebe findet ihr dort nicht. Das aber ist dann auch keine echte christliche Gemeinde, sondern eine Gruppe von Leuten, die noch nicht zum Glauben gekommen sind. 

Beachtet unbedingt auch, dass ich nicht sage, dass Jesus denen vergeben hat, die sich zum Christentum bekannt haben, sondern das Gott schon alle Sünden vergeben hatte, bevor Jesus gelebt hat. Doch Jesus verkündete diese ewige Wahrheit und glaubte sie. Das bedeutet, dass Gott auch die Sünden aller Nicht-Christen vergeben hat und dass man niemanden so behandeln soll, als seien seine Fehler nicht vergeben worden. Wir sollen auch diejenigen im Wissen auf Gottes Vergebung ansehen, die es noch verleugnen. 

Thomas Ihli
Thomas Ihli

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