Wenn wir uns durch Sozialisierung oder Überzeugung in ein Wertesystem begeben haben, müssen wir zunächst die Werte vollumfänglich erfüllen, um vor uns selbst nicht als gescheitert und unwürdig dazustehen.
Davon berichteten bereits frühe Christen, die vor dem „Gesetz“ warnten als etwas, das den Menschen verurteilen wird, wenn er es nicht gänzlich erfüllt. Jesus trat daher nicht als Gesetzeslehrer auf, sondern grenzte sich von den Gesetzeslehrern dahingehend ab. dass er von Liebe, Barmherzigkeit und Vergebung sprach. Dies sind zwar auch Werte, aber eben solche, die klassische Wertesysteme außer Kraft setzen im Hinblick auf ihre verurteilende Wirkung. Machen wir diesbezüglich ein Beispiel.
Das ursprüngliche Wertesystem sagt „Du sollst nicht stehlen!“ Wenn man nun aber einem Mensch Eigentum geraubt hat, auf welche Weise auch immer, so hat man diesen Wert verletzt und das Gesetz gebrochen. Dies macht einen im reinen Gesetz vor Jesus zu einem gescheiterten, unwürdigen Menschen. Jesus stellt diesen Wert nicht grundsätzlich in Frage. Ja, er selbst ist kein Dieb. Aber er sagt, dass er auch die Diebe liebt und sie nicht für unwürdig erklärt.
Ja, Jesus liebt auch die Diebe, die das Wertesystem verletzen und daher eigentlich als unwürdig und der Liebe nicht wert angesehen werden müssten – vor Jesus. Jesus aber fügt dem Gesetz etwas hinzu, das die Gesetze nicht auflöst, sondern sie erfüllt zur Überraschung der Gesetzeslehrer. Denn im Zusammenhang mit der Lehre des Jesus wird aus „Die Würdigen stehlen nicht!“ ein „Du bist für mich würdig, auch wenn du stiehlst, aber es ist dennoch gut und erstrebenswert, nicht zu stehlen.“
Jesus hebelt das Wertesystem nicht dahingehend aus, dass er sagen würde, dass es keine guten oder überflüssige Werte seien, sondern er verändert die Reihenfolge der Erfüllung. Er erklärt den Menschen ERST für würdig und bittet dann in der Folge um die Einhaltung der Werte und des Gesetzes. Damit wird die Erfüllung des Gesetzes zu etwas, das freiwillig getan wird und nicht zu etwas, das ein Mensch tun muss, um dann in der Folge als „würdig“ und „liebenswert“ zu gelten.
Jesus sagt folgerichtig zur Ehebrecherin des Johannes Evangeliums, dass sie nicht angeklagt wird von ihm und die potentiellen Steinwerfer hat er für sie verjagt. Dann aber sagt er – und dies hebelt das falsch Turbo-Gnade -Evangelium wieder aus, dass sie nun hingehen soll und nicht mehr sündigen möge.
Jesus macht aus dem Gesetz, das zuvor als Bedingung für Liebe verstanden wurde, eine Bitte an einen Menschen, der schon geliebt wird und schon beschützt wird. Es heißt ja auch „Du sollst nicht…“ und nicht „Du musst!“
Wenn nun die Ehebrecherin erneut die Ehe bricht, so wird Jesus wieder zu ihr sagen, dass er sie deswegen nicht weniger liebt und sie nicht für unwürdig erklärt, sie aber erneut bittet, es nicht zu tun. Das Joch des Jesus ist daher die sanfte Version und nicht „kein Joch“, wie es der Zeitgeist gerne hätte in seiner Blindheit und Ignoranz.
Doch Jesus sagt uns in seiner Sanftmut: „Seid ihr auch dumm und unverständig, so liebe ich euch doch und ihr seid mir gut und würdig. Ich aber bitte euch um Verständigkeit und Nachfolge.“
Wer daher das Gesetz am Ende einhält, das sind die Kinder der Liebe, die es freiwillig tun und nicht die Kinder des harten Gerichts, die jene Menschen verurteilen, die es nicht tun.
Die christliche Botschaft lautet daher:
„Bitte haltet die Gebote. Unabhängig davon seid ihr geliebt und seid würdig. Aber liebt nun und diese Liebe zeigt sich dann auch darin, dass ihr die Gebote einhaltet.“ Danke Jesus! Gelobt sei der barmherzige Gott, mein Vater!